UN 9/2016
Nur reine Panikmache?
Die Bundesregierung macht sich Gedanken um den Ernstfall. Endlich, sollte man meinen, aber warum gerade jetzt?
Eine direkte Antwort auf diese Frage findet sich in der vom Innenminister vorgestellten »Konzeption Zivile Verteidigung (KZV)« nicht, zwischen den Zeilen kann man allerdings so einiges erahnen.
»Die Bundeswehr erwartet konventionelle Angriffe gegen das Bündnisgebiet vornehmlich an dessen Außengrenzen.«
Das wäre nichts Neues, lässt die NATO doch seit Jahren keine Gelegenheit aus, an ihren Außengrenzen zu provozieren und zu zündeln. Aber auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik wird mit »Konflikten« gerechnet:
»Als Konfliktformen vorherrschend zu erwarten sind nach aktueller Einschätzung sogenannte hybride Konflikte mit staatlichen als auch nichtstaatlichen Konfliktparteien und Gegner, die symmetrische und asymmetrische Mittel einsetzen.«
Auf Terrorismus und Bürgerkrieg dürfen wir uns demnach schon mal einstellen.
Einen Bürgerkrieg zwischen Bajuwaren und Preußen wird es wohl in absehbarer Zeit nicht geben. Verschweigt uns die Regierung daher das Bürgerkriegspotential, das im Zuge der »Wir-schaffen-das«-Euphorie ins Land gelangt ist?
Gemäß des uns vorliegenden Konzeptes soll die Bevölkerung »flächendeckend über Grundkenntnisse bzw. Grundfertigkeiten in folgenden Bereichen verfügen: sicherer Aufenthalt in Gefahrenlagen, Verhalten bei CBRN-Ereignissen [chemisch, biologisch, radiologisch, nuklear], Selbstversorgung, Erste Hilfe, Brandbekämpfung«.
Vorhandene Bebauung und Versorgungsanlagen sollen dementsprechend »gehärtet« werden, Apotheken haben »spezifische, für einen medizinischen Notfall erforderliche Arzneimittel vorrätig zu halten«, die Trinkwasserversorgungsunternehmen werden verpflichtet, »pro Person und Tag unbefristet mindestens 50 Liter Wasser bereitzustellen«, vorzugsweise durch gesicherte Brunnen in und um Großstädte und Ballungsräume.
»Die Bevölkerung trägt durch eigene Vorsorgemaßnahmen im Rahmen des Selbstschutzes zur Verringerung des Bedarfes an Notversorgungsleistungen bei. Sie soll durch geeignete Maßnahmen hierzu angeleitet und befähigt werden.«
Ein offener gesellschaftlicher Diskurs ist Voraussetzung für einen Grundkonsens über Umfang und Grenzen der staatlich zu treffenden Vorsorge- und Vorbereitungsmaßnahmen. Das schließt die Entscheidung ein, bestimmte Risiken zu tragen und ihre Auswirkungen im Ereignisfall zu erdulden.
»Konzeption Zivile Verteidigung«, BMI, 24.8.2016