UN 1/2017
Ist das »verstärkte Abschiebung«?
Wir müssen verstärkt abschieben.
Thomas de Maizière, Schweriner Volkszeitung, 22.10.2015
Beruhigungspillen für das Wahlvolk
Mit großem Pomp und Medienecho startete am 14.12.2016 auf Steuerzahlerkosten ein Flugzeug nach Afghanistan. 50 Ausreisepflichtige sollten werbewirksam abgeschoben werden.
Beim Start waren es dann nur noch 34, davon laut Bundesinnenminister de Maizière ein Drittel verurteilte Straftäter. Die anderen waren »krank«, hatten andere Gründe oder waren einfach untergetaucht und verschwunden.
Sieht so bei mehreren hunderttausend Ausreisepflichtigen eine »Massen«-Abschiebung aus, die nötig wäre und gegen die einige hundert verirrte Geister am Flughafen auch noch protestierten?
Die Regierungsparteien wollten mit dieser fernsehreifen Aktion vorspielen, dass sie es ernst meinen mit ihrer »verstärkten Abschiebung«.
In Wahrheit regiert uns eine »Abschiebungsverhinderungsindustrie«!
Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, prägte diesen Ausdruck und übte scharfe Kritik an der derzeitigen Abschiebepraxis: Es gäbe in Deutschland eine »regelrechte Abschiebungsverhinderungsindustrie«, beklagte er. Er warf Anwälten und Organisationen wie »Pro Asyl« vor, die rechtmäßige Rückführung abgelehnter Asylbewerber »systematisch« zu verhindern.
Diese Verhinderung reicht von Regierungsstellen, Außerkraftsetzung des Grundgesetzes (Art. 16a) bis hin zum Eingeständnis des nordrhein-westfälischen Innenministers Ralf Jäger (SPD), der bejammert, dass bis Mitte 2016 nur 20 Marokkaner abgeschoben werden konnten, da Marokko sich nicht kooperativ verhalte. Bei der derzeitigen Praxis würde es etwa 25 Jahre dauern, bis alle Ausreisepflichtigen auch abgeschoben seien.
Dass er als bekennender »Refugees-welcome!«-Minister daran mitschuldig ist, verschweigt er.
Ein Verwirrspiel mit Zahlen
Um wie viel Hunderttausende von Ausreisepflichtigen es sich handelt, weiß keiner.
Wendt spricht von 215.000 Ausreisepflichtigen.
FOCUS Online berichtete am 22.9.2016 unter Verweis auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage: »In Deutschland leben einem Bericht zufolge fast 550.000 abgelehnte Asylbewerber. Drei Viertel von ihnen hielten sich bereits seit mehr als sechs Jahren im Land auf.«
Diese Zahl ist jedoch mit Vorsicht zu genießen: 81,4 Prozent davon hätten laut Bundesregierung (un-)befristetes Aufenthaltsrecht.
Im gleichen Dokument (BT-Drs. 18/9556) finden sich noch ganz andere Zahlen:
»Zum Stichtag 30.6.2016 waren 3.439.228 Personen erfasst, die weder einen Aufenthaltstitel, eine Duldung oder eine Aufenthaltsgestattung besaßen«, davon 632.632 Personen aus Nicht-EU-EWR-Ländern. »Ausreisepflichtige Personen ohne Duldung« seien jedoch nur 52.870.
Der Leser merkt, hier wird ein Verwirrspiel getrieben. Da ist von »Ausreisepflichtigen«, »Abgelehnten«, »Geduldeten« oder »Aufenthaltstiteln« die Rede.
Von den Hunderttausenden, die völlig unbekannt, unregistriert oder mit verschiedenen Identitäten in unserem Land leben und teils sogar mehrfach Sozialhilfe kassieren, ist überhaupt keine Rede.
Afghanistan: Milliarden für die Rücknahme ihrer Staatsbürger
Die Regierung von Afghanistan erhält weitere Milliardenhilfen für ihr gnädiges Einverständnis, geflüchtete Staatsbürger zurückzunehmen, die sich in Europa ein besseres Leben erhofften.
»Afghanistan erhält 15,2 Milliarden Dollar«, so die Meldungen am 5.10.2016. Das hätte die »Geberkonferenz« von 70 Staaten und 20 Hilfsorganisationen entschieden.
Deutschland wolle nach Angaben der Bundesregierung allein in diesem Jahr 430 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Bis 2020 sollen aus dem Bundeshaushalt insgesamt bis zu 1,7 Milliarden Euro ausgezahlt werden.
Getarnt werden soll das als »Entwicklungshilfe«, nur so hat Afghanistan dem sogenannten »Rückführungsabkommen« zugestimmt.
Marokko ist besonders gnädig
Marokko gestattet bei der Rückführung unberechtigter Asylbewerber maximal vier Abzuschiebenden je Linienflug – und das nur, wenn der Flugkapitän kein Veto einlegt.
Von der Regierungsseite kommt nichts als leeres Gewäsch: Die Entwicklungshilfe für nordafrikanische Staaten, die ihre Bürger nicht zurücknehmen, solle »auf den Prüfstand«. Das meldete die Presse am 30.12.2016 aufgrund einer Erklärung der stellv. CSU-Vorsitzenden Angelika Niebler, auch Vorsitzende der CSU-Europagruppe im EU-Parlament.
Schön wär`s! Aber wo sind die Taten?
Diplomatie ist gut, Friedenswillen, Verständnis, Hilfsbereitschaft und Entwicklungshilfe sind es auch. Irgendwo aber muss Schluss sein, und zwar sofort!
Stopp aller Zahlungen an Marokko, Tunesien und andere Länder, die sich der Rücknahme verweigern oder bürokratische Spielchen treiben, um sich dagegen zu wehren!
Die CSU sitzt in der Regierung, und im EU-Parlament haben die »Konservativen« die Mehrheit. Die CSU hätte also die Macht zu beweisen, dass sie außer reden auch handeln kann:
Unser Vorschlag für die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Bundeskabinetts: Sofortstopp aller Zahlungen bis zur Klärung dieser Frage!
Aber nichts davon wird geschehen! Wie lange wollen wir uns das alles eigentlich noch gefallen lassen?