UN 6/2017
Zwei Zensurminister: Brüder im Geiste
Es waren nicht die »Linken«, sondern der christlich-demokratische Innenminister Thomas de Maizière, der den sozial-demokratischen Justizminister Heiko Maas drängte, ein Gesetz gegen die »Hasskriminalität« im Internet vorzubereiten.
Der griff das freudig auf und am 19.5.2017 fand eine erste Lesung des Gesetzentwurfes im Bundestag statt. Es müsse schnell gehen, heißt es im Referentenentwurf, um eine unliebsame Beeinflussung des Wahlkampfes zu verhindern. Doch der Justizminister stand ziemlich belämmert da, als aus allen Fraktionen parteiübergreifende Kritik an dem irrwitzigen Gesetzentwurf geäußert wurde.
Es geht um die Kontrolle bzw. Bedrohung von Facebook und allen anderen Plattformen wie Twitter, YouTube, WhatsApp, Skype usw., die mit Bußgeldern bis in Millionenhöhe bedroht werden sollen, wenn sie Inhalte, gegen die irgendwer Beschwerde erhebt, nicht binnen Stunden oder Tagen löschen.
Die Betreiber sollen so gezwungen werden, Meldungen, die ihnen irgendwie zweifelhaft erscheinen, ohne juristische oder gar richterliche Prüfung als »offensichtlich strafbar« oder einfach »strafbar« zu beurteilen und zu sperren. Um solcher Bedrohung zu entgehen, wird das in vorauseilendem Gehorsam zu wahren Löschorgien der Betreiber führen.
Selbst der Präsident des Verbandes Deutscher Zeitungsverleger (VDZ), Dr. Stephan J. Holthoff-Pförtner, protestierte: Das Gesetz laufe »auf die staatliche Einsetzung privater Meinungspolizei hinaus«. Und der VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer ergänzte: »Im Jahr der Bundestagswahl ist es zentral, dass insbesondere das geistige Eigentum, Presse- und Meinungsfreiheit gestärkt werden und kein Panikgesetz für soziale Netzwerke durchgepeitscht wird«. Das Gesetz sei eine Gefahr für die Presse- und Meinungsfreiheit.
Wir können alle mündigen Bürger nur auffordern, sich ganz persönlich an alle ihnen bekannten Bundestagsabgeordneten zu wenden und sie zu einer Antwort aufzufordern, ob sie diesem Gesetz zustimmen werden oder nicht.
Es droht eine Internet-Zensur nach türkischem oder chinesischem Vorbild!