Page 4 - WDRliche Rotfunk-Propaganda (UN 2/2020)
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»Reise zur Wahrheit« ‒ unter ins KZ Stutthof gekommen sein. einem Monat, am 1.4.1943,
diesem Motto hielt der »Holo- Seine Mutter Helene Loth sei wurde sie – im vierten Monat
caust-Überlebende« Moshe dann wegen ihrer Schwanger- schwanger – entlassen.
Peter Loth Vorträge über sein schaft in eine psychiatrische Kli- Peter Oswald Loth wurde am
Leben ‒ nur mit der Wahrheit nik verlegt worden, in der er zur 2.9.1943 in Tiegenhof geboren.
nahm er es nicht so genau. Welt gekommen sei. Anschlie-
Aber nicht seine Vorträge mach- ßend seien beide wieder ins KZ Nach eigener Schilderung,
wurden an ihm in der dortigen
ten ihn berühmt, schließlich ist Stutthof verbracht worden, wo »psychiatrischen Klinik« Ex-
er nicht der Einzige, der vor er eine Häftlingsnummer eintä- perimente durchgeführt. Es ist
Schülern und einem interessier- towiert bekommen habe. sogar unseren Historikern un-
ten Publikum solche Vorträge 1945 habe seine Mutter ihm bekannt, daß in dem Kranken-
hält, nein, den Ausschlag gab einer Polin übergeben, später haus von Tiegenhof bei Danzig
eine zu Herzen gehende Sze- sei er in Waisenhäusern unter- »Experimente« durchgeführt
ne: Er umarmte den 93-jährigen gebracht und von sowjetischen wurden.
ehemaligen KZ-Wachmann Bru- Soldaten mißbraucht worden.
no D., dem in Hamburg gerade Über eine zweite Inhaftierung
der Prozeß wegen Beihilfe zum Klingt für heutige Verhältnisse seiner Mutter in Stutthof existie-
Mord im Lager Stutthof bei Dan- alles sehr überzeugend – ent- ren keine Unterlagen.
zig gemacht wird ‒ und vergab spricht aber nicht der Wahrheit! Nach einigen Umwegen gelang-
ihm. Der Großvater Otto Loth stamm- ten Loth und seine Mutter in die
Die rührende Szene ging zwar te aus der Nähe von Danzig und USA, wo diese einen »schwar-
um die Welt und alle Zeitungen war Stellmachermeister. Ihn und zen GI« [Originalwortlaut im
waren ob der Versöhnung ge- die Familie verschlug es zwi- SPIEGEL-Artikel] heiratete.
rührt, aber der gute Moshe war schen den beiden Weltkriegen Auch dort soll die Verfolgung
nie in Stutthof, auch nicht als nach Dortmund, wo die Mutter weitergegangen sein, diesmal
Baby. von Moshe Peter Loth geboren durch den Ku-Klux-Klan.
wurde. Wie aus den Unterlagen
Dennoch hatte er sich, extra an- der Standesämter hervorgeht, Nach dem Tod seiner Mutter im
gereist aus Florida, der Klage war die Familie evangelisch. Jahr 1999, mit der er anschei-
als Nebenkläger angeschlos- Der Großvater kehrte nach ei- nend jahrelang keinen Kontakt
sen. nigen Jahren mit seiner Familie hatte, erfuhr er von deren Inhaf-
DER SPIEGEL, der Herrn Loth wieder in die Nähe von Danzig tierung in Stutthof und schluß-
enttarnte und die Enthüllungs- zurück und führte dort einen folgerte, daß seine Mutter Jüdin
geschichte hinter der Bezahl- kleinen Handwerksbetrieb. gewesen sein müsse. Aufgrund
schranke versteckt, vermutet, Moshes Onkel Gustav Loth ging dieser Schlußfolgerung nahm
daß Moshe »offenbar einem Irr- 1941 zur Waffen-SS – schwer- er den jüdischen Glauben an,
tum« unterliegt. lich möglich mit einem »jüdi- nannte sich fortan Moshe Pe-
Der »Irrtum« wird allerdings schen Hintergrund«. ter Loth und tingelte unter dem
Motto »Reise zur Wahrheit« von
deftig ausgeschmückt. Mutter, Die Großmutter, angeblich in ei- Vortrag zu Vortrag.
Tante und Großmutter seien im nem KZ vergast, starb 1943 in
KZ gewesen und die Oma sei Fürstenwerder. Nach der Veröffentlichung sei-
in einer Gaskammer ermordet ner Geschichte im SPIEGEL
worden. Für diese legte er 2001 Wie bei allen Legenden gibt es gab er zu, daß der Tod seiner
in Yad Vashem ein Gedenkblatt auch hier einen wahren Kern: Großmutter in einer Gaskam-
an. Am 1.3.1943 wurde die Mutter mer ein Irrtum gewesen sei, den
Aber die Familienverhältnisse von Peter Oswald Loth, so sein er auch gegenüber der Gedenk-
stätte Yad Vashem richtigstellen
waren viel verzwickter, als es richtiger Name – und nix mit
auf dem ersten Blick scheint. Moshe – als Reichsdeutsche in werde, wie sein Anwalt mitteilte.
Der Großvater war angeblich das Konzentrationslager Stutt- Am 13.1.2020, zwei Monate
ein »überzeugter Nazi« gewe- hof verbracht. Wahrscheinlicher nach der herzergreifenden Um-
sen, der seine jüdische Frau Grund: eine »Erziehungshaft« armungs- und Verzeihszene
und die beiden Töchter verra- wegen fehlender Arbeitsmoral, beim Hamburger Landgericht,
ten habe, um erneut heiraten zu oder ähnlichem »arbeitsunlusti- zog Loth seine Nebenklage-Zu-
können. Frau und Töchter sollen gem« Verhalten. Bereits nach lassung zurück.
EIN ZEITZEUGE DER BESONDEREN ART