UN 6/2020
Von Millionen ist gar keine Rede mehr!
Bei wem hat der Staat seine Schulden?
Der Bund
Als Einrichtung für die staatliche Kreditaufnahme und die Verwaltung der Bundesschulden wurde am 19.9.2000 die Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur GmbH gegründet. Alleiniger Gesellschafter des Unternehmens mit rund 300 Angestellten ist der Bund, dieser wird vom Bundesministerium der Finanzen vertreten.
Hauptaufgabe des Unternehmens ist die Finanzierung des Bundeshaushaltes. Sie nimmt am Geld- und Kapitalmarkt neue Kredite auf, um alte Schulden zu tilgen und ist dafür verantwortlich, dass der Bund immer »zahlungsfähig« bleibt.
Die Verbindlichkeiten des Bundes – also die Schulden – betrugen zum 31.3.2020 genau 1.100.320.641.026,18 Euro
.Um an Geld zu kommen, stellt der Bund Schuldscheine aus. Um den negativ besetzten Begriff »Schuldschein« zu vermeiden, werden diese zu »Bundeswertpapieren« oder »Staatsanleihen«.
Die ausgegebenen Schuldscheine können zu einem festgelegten Zinssatz von anderen Staaten und deren Zentralbanken, sonstigen Banken, Versicherungen, Hedgefonds, Investmentfonds oder anderen Unternehmen und Personen erworben werden.
Ein öffentliches Register, wer in welchem Umfang Schuldscheine erworben hat, existiert nicht. In der Theorie ist es auch egal, bei wem ein Staat seine Schulden hat – zahlen muss er so oder so.
Einen Unterschied macht es allerdings, wenn es bei der Rückzahlung eng wird. Je mehr ein Staat bei seinen eigenen Bürgern verschuldet ist, desto besser für ihn. Das Volk ist leidensfähiger und wird seinen Staat nicht ohne Not in die Pleite zwingen.
Anders sieht das aus, wenn ein hoher Anteil ausländischer Investoren befriedigt werden muss.
Die Länder
Zu bereits erwähnten über 1,1 Billionen Euro des Bundes kommen noch die Schulden der Länder und Kommunen.
Die Verschuldung der einzelnen Bundesländer lag laut Statistischem Bundesamt zum 31.12.2019 zwischen 3,76 Milliarden Euro (Sachsen) und 222,68 Milliarden Euro (Nordrhein-Westfalen) – insgesamt bei 579,135 Milliarden Euro.
Die Gemeinden
Die Gemeinden hatten sich, ebenfalls laut Statistischem Bundesamt, zum 31.12.2019 mit insgesamt 130,787 Milliarden Euro bei privaten Investoren (Banken, Versicherungen, Anleger usw.) verschuldet.
Auslandsschulden
Wie bereits angemerkt, werden die Gläubiger von Vater Staat nicht öffentlich gemacht.
Laut Bundesbank schuldeten Ende 2019 Bund, Länder, Kommunen, Unternehmen und Privatpersonen zusammen dem Ausland 4,974 Billionen Euro.
Die Gläubiger
Die Gläubiger der bundesdeutschen Schulden (öffentliche wie nichtöffentliche) – meist Banken und Versicherungen – haben ihren Sitz u.a. in:
- Niederlande: 666 Mrd. Euro
- Luxemburg: 582 Mrd. Euro
- Großbritannien: 519 Mrd. Euro
- USA: 354 Mrd. Euro
- Frankreich: 321 Mrd. Euro
- Irland: 212 Mrd. Euro
- Schweiz: 210 Mrd. Euro
- Japan: 173 Mrd. Euro
- Italien: 134 Mrd. Euro
- Dänemark: 113 Mrd. Euro
- Belgien: 111 Mrd. Euro
- Österreich: 99 Mrd. Euro
- Spanien: 59 Mrd. Euro
- Schweden: 47 Mrd. Euro
- China: 42 Mrd. Euro
Zukünftige Verbindlichkeiten
Wer bei diesen Zahlen nicht zu weinen anfängt, wird es spätestens dann, wenn er die Zahlen zum sogenannten »Schattenhaushalt« erfährt. In den Sozialkassen, vor allem in der Renten- und Pflegeversicherung, stecken langfristige Verbindlichkeiten, die nicht gegenfinanziert sind. Wäre der Staat ein Unternehmen, so müsste er, um all seine gegebenen Sozialversprechen einhalten zu können, entsprechende Rücklagen bilden und zwar in Höhe von 5,6 Billionen Euro.
Dies ist das Ergebnis der aktuellen »Generationenbilanz«, die der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen jährlich im Auftrag der Stiftung Marktwirtschaft erstellt.
Corona-Kosten
Die Bundesbank rechnet damit, dass die Folgen der Corona-Pandemie allein den deutschen Staat bis zu 1,9 Billionen Euro kosten könnten. Allerdings ist diese Zahl mit Vorsicht zu genießen, es könnte auch noch viel, viel teurer werden.