UN 5/2017
Millionen Menschen ohne Heimat
Vertreibung bedeutet erzwungenes Verlassen eines Ortes oder Gebiets aufgrund von Ausweisung oder staatlicher Verfolgung.
Von rund 18 Millionen Reichsdeutschen in den Ostprovinzen des Reiches und Volksdeutschen in den deutschen Siedlungsgebieten in Ost- und Südosteuropa waren in der Endphase des Krieges über 14 Millionen in Richtung Westen geflüchtet oder nach dem Kriegsende vertrieben bzw. deportiert worden.
Etwa elf Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches und aus den volksdeutschen Siedlungsgebieten erreichten Restdeutschland.
Über zwei Millionen Deutsche hatten Flucht, Vertreibungen oder Deportationen nicht überlebt, etwa eine Million wurde in die UdSSR deportiert.
Ungefähr gleichzeitig mit der Vertreibung von Deutschen aus Teilen Osteuropas, besonders aus den östlichen Gebieten des Reiches, begannen weitere Vertreibungen beziehungsweise ethnische Säuberungen:
Sowjetunion: Die Umsiedlung bzw. Vertreibung von etwa 1,2 Millionen Polen in den Jahren 1944 bis 1946 aus den der Sowjetunion angeschlossenen polnischen Ostprovinzen in die nach dem Krieg entvölkerten deutschen Ostgebiete.
Polen: 1947 wurden etwa 150.000 Ukrainer aus Südostpolen in die entvölkerten deutschen Ostgebiete deportiert (»Aktion Weichsel«).
Jugoslawien: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein großer Teil Julisch Venetiens von Italien abgetrennt und dem jugoslawischen Staat einverleibt. Die Angaben über die Zahl der vertriebenen Italiener schwanken zwischen 200.000 und 350.000.
Tschechoslowakei: Im Süden der Slowakei lebten bis 1945 rund 720.000 Magyaren (Ungarn). Sie wurden 1945 wie die Sudeten- und Karpatendeutschen durch die Beneš-Dekrete enteignet. Ein Teil wurde nach Ungarn vertrieben, ein Teil ins Sudetenland deportiert.
Indien/Pakistan: Bei Erreichen der Unabhängigkeit von Großbritannien 1947/48 und der Gründung von Pakistan und der Indischen Union wurden Millionen Sikhs, Hindus und Muslime aus den mehrheitlich von Angehörigen der anderen Religionsgemeinschaft besiedelten Gebieten vertrieben. Dieser »Bevölkerungsaustausch« betraf zwischen 14 und 15 Millionen Menschen. Etwas über sieben Millionen Muslime wurden von Indien nach Pakistan vertrieben, eine etwa gleich große Zahl Sikhs und Hindus aus Pakistan nach Indien.
Palästina: Im Palästinakrieg (1948/49) flüchteten 472.000 bis 650.000 Palästinenser aus ihren Wohnorten oder wurden vertrieben. Die Mehrheit ging nach Jordanien, weitere nach Libanon, Syrien und den damals ägyptisch besetzten Gazastreifen. Ein weiterer wichtiger Zufluchtsort in der arabischen Welt war Kuwait.
Mehr als 850.000 Juden wurden gleichzeitig aus den arabischen Staaten vertrieben. Die meisten von ihnen wanderten nach Israel aus (etwa 500.000), andere nach Frankreich oder in die USA.
Kuwait: Eine erneute Vertreibung der Palästinenser fand unmittelbar nach dem Zweiten Golfkrieg statt, als Kuwait 1991 binnen zwei Wochen etwa 450.000 Palästinenser vertrieb. Die Palästinenser wurden als Kollaborateure und fünfte Kolonne Saddam Husseins empfunden.
DDR: 1952 bis 1961 wurden 11.000 bis 12.000 »unzuverlässige« Bürger entlang der innerdeutschen Grenze ins Landesinnere deportiert.
Tschagos-Archipel: 1971 wurde die Hauptinsel Diego Garcia von der britischen Kolonialmacht an das US-amerikanische Militär verpachtet. Die Einwohner der gesamten Inselgruppe im Indischen Ozean wurden zwangsumgesiedelt, um diese menschenleer übergeben zu können
Zypern: Nach der türkischen Besetzung Nordzyperns 1974 wurden mehrere Tausend griechische Zyprioten in den Südteil der Insel vertrieben.
Jugoslawien: 1991 bis 1995 kam es in Jugoslawien zu mehreren Vertreibungswellen. Betroffen waren unter anderem 150.000 Kroaten und bis zu 200.000 Serben.
Weitere Vertreibungen geschahen und geschehen noch immer in Afrika (z.B. Somalia, Nigeria, Ruanda) mit Millionen von Betroffenen.
Vertreibung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, Art. 7 Abs. 1 lit. d).
Trotzdem finden diese immer wieder in dieser »schönen« neuen Welt statt. Dabei sollte doch 1945 ewiger Frieden und Glückseligkeit Einzug gehalten haben.