UN 4/2023
8. Mai: Besiegt, aber nicht »befreit«!
Einschlägige Kräfte versuchen seit Jahren, den 8. Mai als »Tag der Befreiung« mit einem bundesweiten »Feiertag« zu begehen.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass es ausgerechnet ein christdemokratischer Bundespräsident war, der 1985 zum 40. Jahrestag des Kriegsendes als Staatsoberhaupt vom »Tag der Befreiung« sprach. Richard von Weizsäcker machte damit ein alliiertes Märchen zum Allgemeingut in der öffentlichen Wahrnehmung und wurde dafür von diesen Kräften frenetisch gefeiert.
Der 8. Mai 1945 war für Millionen Deutscher keine Befreiung ‒ für die misshandelten und vergewaltigten Frauen, für all jene, die durch Übergriffe und Plünderungen die Wut, ja Rachelust alliierter Soldaten erleben mussten. Erst recht keine Befreiung bedeutete das Kriegsende für die Soldaten und Zivilisten, darunter ebenfalls viele Frauen, die als Zwangsarbeiter in die Sowjetunion verschleppt wurden.
Dass Soldaten der Roten Armee während und vor allem kurz nach dem Zweiten Weltkrieg massenhaft Frauen vergewaltigten, übrigens nicht nur Deutsche, sondern auch Polinnen und Ungarinnen, ist allgemein bekannt. Ähnliche Verbrechen westlicher Soldaten, die es ebenfalls hunderttausendfach gab, sind nicht annähernd so geläufig, gleichwohl aber nicht weniger tragisch.
Und natürlich wurden auch nicht die rund 122.000 Insassen der sowjetischen Speziallager, die unrechtmäßig eingesperrt wurden, »befreit«. Denn diese Lager, oft in ehemaligen KZs eingerichtet, dienten nicht nur zur Isolierung von Nationalsozialisten. Dorthin konnte auch schnell geraten, wer den sozialistischen Umbau in der Sowjetischen Besatzungszone kritisierte. 42.000 Menschen starben in den Speziallagern, überwiegend durch Unterernährung und Krankheiten.
Marschall Tschernjakowski befahl seinen Rotarmisten: »Zweitausend Kilometer sind wir marschiert und haben die Vernichtung all dessen gesehen, was wir in zwanzig Jahren aufgebaut haben. Nun stehen wir vor der Höhle, aus der heraus die faschistischen Angreifer uns angegriffen haben. Wir bleiben erst stehen, nachdem wir sie gesäubert haben. Gnade gibt es nicht – für niemanden, wie es auch keine Gnade für uns gegeben hat. […] Das Land der Faschisten muss zur Wüste werden.«
Die Schandtaten der sowjetischen »Befreier« werden von bundesrepublikanischen Politikern immer dann relativiert, wenn sie sich gegen Deutsche richteten – in der Ukraine sind es plötzlich Kriegsverbrechen.
Aber auch unsere »Freunde« aus der »westlichen Wertegemeinschaft« verstanden sich nicht als Befreier, sondern als Eroberer. In der Direktive 1067, die der amerikanische Präsident Harry S. Truman am 10.5.1945 billigte, wurde dem Vereinigten Generalstab der USA vielmehr ausdrücklich vorgeschrieben, Deutschland nicht »zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als ein besiegter Feindstaat« zu besetzen. Untersagt waren Bestrebungen, die auf eine Fraternisation mit den Deutschen hinauslaufen oder ihren Mindestlebensstandard über das Niveau eines Nachbarstaates heben könnten.
Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als ein besiegter Feindstaat. Ihr Ziel ist nicht die Unterdrückung, sondern die Besetzung Deutschlands, um gewisse wichtige alliierte Absichten zu verwirklichen. Bei der Durchführung der Besetzung und Verwaltung müssen Sie gerecht, aber fest und unnahbar sein. Die Verbrüderung mit deutschen Beamten und der Bevölkerung werden Sie streng unterbinden.
Direktive JCS1067 an den Oberbefehlshaber der Besatzungstruppen der Vereinigten Staaten in Bezug auf die Militärregierung Deutschlands">
Die bedingungslose Kapitulation bedeutete, dass Deutschland jedes Recht verloren hatte, über seine Zukunft selbst zu befinden. Ausländische Truppen besetzten sein gesamtes Territorium. In der Berliner Erklärung vom 5.6.1945 legten die vier Alliierten fest, dass sämtliche Regierungsgewalt bis hinunter zu den Kommunen bei den Besatzungsmächten lag.
Auch die Millionen deutscher Soldaten, die in russischer Kriegsgefangenschaft ihr Leben ließen oder erst 1956 nach Jahren grausamster Zwangsarbeit, unterernährt und zum Teil sowohl seelisch als auch körperlich gebrochen in die Heimat zurückkehrten, wurden nicht »befreit«.
Genauso wenig, wie die Millionen Kriegsgefangener, die in die Hände der westlichen Alliierten gefallen waren. Auch sie erwartete ein ähnliches Schicksal – hier sei nur an die Gefangenenlager auf den Rheinwiesen erinnert.
Nein – wir wurden nicht befreit, wir sind bis heute besetzt!